Tipps für Anfänger: Wie wähle ich das richtige Aquarellpapier?

Tipps für Anfänger: Wie wähle ich das richtige Aquarellpapier?

Hast du dich schon mal gefragt, warum deine Bilder nicht so aussehen, wie in den Anleitungen obwohl du doch die gleichen Farben benutzt? Oder warum einige Effekte einfach nicht klappen wollen?

Oft ist der Grund dafür das Papier. Gerade am Anfang unterschätzt man oft, welche Auswirkungen Aquarellpapier auf den Lernerfolg hat.

In diesem Artikel möchte ich darauf eingehen, welche Möglichkeiten vorhanden sind, wie man das beste Papier für sich selbst wählt und welche Unterschiede vorhanden sind.

Kapitel

Papiere haben auch unterschiedliche Qualitäten

Ganz oft habe ich gehört, dass man sich doch “irgendein” Aquarellpapier kaufen sollte, einfach nur um zu beginnen und habe dann mich selbst gewundert, warum nichts klappt. In den letzten Jahren habe ich aber genug gelernt, um nun sicher sagen zu können, warum denn nichts geklappt hat.

Zunächst einmal haben Papiere, wie Farben und Pinsel auch, unterschiedliche Qualitäten. Das heißt nicht, dass billig schlecht ist, man muss sich nur dessen bewusst werden, was man kauft. Die Angaben auf der Verpackung liefern schon einige Hinweise, sodass man ein qualitätvolles Papier einfach wählen kann.

Das richtige Material muss es sein

Das ist etwas, worauf Einsteiger vermutlich nie achten: das Material des Aquarellpapiers. Die meisten Papiere ohne Angabe bestehen aus Zellulose - verarbeitetem Holz. Es gibt jedoch auch Papiere aus Bambus, Hanf und Baumwolle/Hadern. Sie alle weisen unterschiedliche Eigenschaften auf, die von Herstellern unabhängig so vorhanden sind.

Zellulose/Zellstoff

Zellulose wird aus Pflanzenfasern, genauer gesagt: Bäumen, gewonnen. Es wird hergestellt wie übliches Papier, jedoch hat Aquarellpapier immer eine besondere Beschichtung, damit das Papier mit Wasser umgehen kann.

Da Papiere aus Zellulose oftmals günstiger sind, ist die Beschichtung oft entsprechend weniger qualitativ und die Papiere verhalten sich entsprechend. Aquarellpapier aus Zellulose kann mit Maskierflüssigkeit und Washi Tape oft nicht sehr gut umgehen und reißt schnell ein. Die Maskierflüssigkeit klebt stärker aufgrund einer geringeren Beschichtung.

Vergleich von Aquarellpapier mit Zellulose und Baumwolle.

Auf der rechten Seite sieht man, wie sich Winsor&Newton Cotman Papier im Vergleich zum Centenaire Papier aus 100% Baumwolle verhält. Es zeigen sich Verläufe, die man mit dem richtigen Papier vermeiden kann.

Was das Malen angeht, so kann es oft passieren, dass Farben seltsam aussehen, komisch verlaufen und man oft - auch ungewollt - den Aquarellblüten-Effekt bekommt. Einige mögen das jedoch und wählen daher bewusst Papiere aus Zellulose für entsprechende Effekte. Zudem wellen sich Papiere aus Zellulose erfahrungsgemäß mehr als andere Papierarten.

Verblenden funktioniert auf diesen Papieren weniger gut, da Farben gerne stärker haften und man sie nach dem Auftrag und Trocknen nur schwer lösen kann.

Bambus

Bambus ist in der Aquarellwelt eine recht neue Faser, daher gibt es nur weniger Hersteller, die Aquarellpapier aus Bambus anbieten. Meiner Erfahrung nach kann man damit ein wenig besser arbeiten als mit Papieren aus Zellulose, jedoch sind sie immer noch nicht ideal zum Malen mit Aquarell verwendbar. Die Probleme sind im Grunde die gleichen, auch wenn abgemildert.

Hanf

Was das Papier aus Hanf anbelangt, so habe ich bisher nur eins ausprobieren können und zwar das Mixed Media Papier von Hempa.

Das Papier hat mich überrascht. Es verhält sich gut, jedoch nicht ideal zum Malen für Aquarell und ist nur bedingt für Anfänger geeignet. Beim Malen musste ich meine Technik anpassen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Dies kann man von einem Beginner jedoch nicht erwarten.

Zu meiner Überraschung konnte dieses Papier sehr gut mit Maskierflüssigkeit und -band umgehen und besaß eine gute Grammatur. Man kann also anständig darauf malen, auch wenn mit etwas Übung.

Im Gegensatz zu den vorherigen Papierarten ist das Papier aus Hanf und deutscher Herstellung nicht gerade günstig und kann preislich mit sehr hochwertigen Papieren mithalten.

Baumwolle

Baumwolle ist die Königskategorie der Aquarellpapiere und wird von den meisten namhaften Künstler:innen verwendet.

Die Papiere aus Baumwolle sind sehr saugfähig und können sehr gut mit Wasser umgehen. Die Oberfläche ist stabil genug und fusselt nicht, wenn man darauf malt. Farben bleiben leuchtend und sehen gut aus. Da das Papier mit Wasser gut umgehen kann, sind auch gleichmäßige Aufträge viel einfacher.

Papier aus Baumwolle ist jedoch entsprechend teuer. Es gibt günstige Alternativen und Möglichkeiten, wie ich im Absatz zum Preis nochmal erläutern werde.

Hadern

Hadern ist eine Bezeichnung für Baumwolle, allerdings handelt es sich hierbei um speziell recycelte Baumwolle. Kleidung und Handtücher aus Baumwolle werden zerkleinert und aus den Baumwollfasern wird Papier hergestellt. Papiere aus Hadern können auch einen Anteil Leinen enthalten.

Meiner Erfahrung nach haben sich Papiere aus Hadern bewährt, da sie sich wie die aus reiner Baumwolle verhalten. Zusätzlich hat man ein gutes Gefühl beim Malen, weil Material wiederverwendet wird und nicht auf Müllbergen landet.

Die Grammatur

Die Grammatur beschreibt das Gewicht des Aquarellpapiers gemessen auf einen Quadratmeter. Je dicker das Papier, desto höher ist dieser Wert.

Eine Grammatur von 300g/m² ist perfekt für den Anfang sowie für geübte Maler. Einige bevorzugen auch festere Papiere von bis zu 600g/m². Die Grammatur bewirkt, dass sich das Papier weniger wellt und grundsätzlich stabiler ist. Dies ist jedoch eine Frage der Vorliebe.

Unter 300g/m² wird es jedoch schwierig auf dem Papier mit Aquarell zu malen, weil es sich stark wellen wird. Es gibt jedoch eine Ausnahme für mich persönlich: Wenn ich Briefumschläge selbst mache und bemale, dann nutze ich lieber dünneres Aquarellpapier. Selbstverständlich ist dies dann kein großes Kunstwerk, sondern eine liebe Geste an Freunde.

Die Oberflächenstruktur

Etwas, worauf du am Anfang vielleicht nicht achtest, aber öfter hörst und dich über die Unterschiede wunderst, ist die Oberflächenstruktur. Aquarellpapier gibt es in drei Versionen: satiniert, Feinkorn und Grobkorn.

Vergleich von verschiedenen Oberflächen des Aquarellpapiers, hot press, cold press und rough.

Verschiedene Aquarellpapieroberflächenstrukturen auf einen Blick: Satiniert, Feinkorn und Grobkorn. (Von oben nach unten.)

Bei den Beispielen vergleiche ich jeweils Papiere aus Baumwolle, da diese die Eigenschaften am besten zeigen und angenehmer in der Benutzung sind. Zudem habe ich für die Linien und Dry Brush Effekte Preussisch Blau und als Beispiel für granulierende Farben Ozean Grau von Schmincke gewählt.

Hot Press - Satiniert

Das satinierte Aquarellpapier, im Englischen hot press genannt, weist fast gar keine Oberflächenstruktur auf und ist sehr glatt. Darauf lassen sich Linien und Details hervorragend malen. Das Papier neigt aber dazu Farbe festzuhalten. Manche Techniken, etwa das Lifting, werden dann schwieriger. Auch Wasserkontrolle ist am Anfang eine Gewöhnungssache.

Beliebt ist das satinierte Papier bei Künstler:innen, die botanische Motive malen und dann auf kleine Details achten. Auch bei Mangakünstler:innen ist es beliebt, da man die Linien sehr gut erkennen kann und die Papierstruktur das Bild nicht stört.

Granulierende Pigmente zeigen weniger Effekte auf satiniertem Papier.

Linien, Dry Brush und Granulation auf satiniertem Aquarellpapier.

Linien, Dry Brush und Granulation auf satiniertem Aquarellpapier im Vergleich.

Cold Press - Feinkorn - Grain Fin

Das kalt gepresste Aquarellpapier ist der Allrounder unter den Papieren. Es hat eine leichte Struktur, die sich von Hersteller zu Hersteller unterscheidet. Das Papier kann hervorragend mit Wasser umgehen, erlaubt gleichmäßige Aufträge und kann für jegliche Motive verwendet werden.

Granulierende Pigmente zeigen ihre Eigenschaften auf dem Papier bereitwillig und man kann gut mit sämtlichen Effekten arbeiten.

Aufgrund des durchweg zufriedenstellenden Verhaltens nutze ich das Aquarellpapier in Feinkorn auch für die Aquarelldatenbank.

Linien, Dry Brush und Granulation auf Feinkorn Aquarellpapier.

Linien, Dry Brush und Granulation auf Feinkorn-Aquarellpapier im Vergleich.

Rough - Grobkorn - Torchon

Das Aquarellpapier mit grober Oberfläche ist genau das, was es ist. Die Struktur ist deutlich sichtbar und unterscheidet sich von der des Feinkorns ungemein.

Auch wenn es am Anfang vielleicht unhandlich klingt, so bietet das Papier Abenteuer. Es kann unheimlich gut mit Wasser umgehen und Granulation wird aufgrund der Struktur stark sichtbar. Es eignet sich hervorragend für Landschaften aber auch abstrakte Motive. Details gehen unter, aber wenn man lose malt und sich dem Fluss der Kreativität hingibt, dann bietet das Papier viele Möglichkeiten.

Für mich ist es zwar nicht das Papier, das ich immer nutze. Aber ich liebe es, weil es mich mehr spielen und ausprobieren lässt. Es ist das kleine Abenteuer, wo man intuitiv werden kann. Wo man es nicht so genau nimmt und einfach nur malt.

Linien, Dry Brush und Granulation auf Grobkorn Aquarellpapier.

Linien, Dry Brush und Granulation auf Grobkorn-Aquarellpapier im Vergleich.

Vegane und nicht vegane Papiere

Nun haben wir einiges über Papier gelesen und Zellulose, Bambus und Baumwolle sind ja vegan. Was nicht vegan sein kann am Papier, ist die Beschichtung. Durch diese gewinnt das Papier die Eigenschaft besser mit Farbe umzugehen. Man merkt es sofort, wenn damit etwas nicht stimmt, weil es dann Flecken gibt, die etwa Farbe weniger aufnehmen oder wenn Farbe komisch aussieht.

Diese Beschichtung kann aus Gelatine bestehen. Hahnemühle zum Beispiel bietet beides an. Da muss man dann genau gucken, welches vegan ist, falls es wichtig ist. Fabriano Artistico ist ebenfalls eines der Papiere, die vegan sind. Diese haben ebenfalls eine Beschichtung, die jedoch nicht tierischen Ursprungs ist.

Wenn es dir also wichtig ist, ob dein Papier vegan ist, dann ist es auf jeden Fall wert genauer zu recherchieren.

Der Preis

Ich bin hier mal ehrlich: Aquarellpapier ist nicht billig. Vor allem, wenn man Wert darauf legt ein halbwegs angenehmes Malerlebnis zu haben.

Aquarellpapier aus Zellulose ist immer günstiger als das aus Baumwolle, verhält sich aber auch entsprechend. Auch bei den Papieren aus Baumwolle kann es enorme Preisunterschiede geben. Man muss also immer auch regional schauen, welches Papier gut ist und für dich günstiger wäre.

Empfehlungen aus den USA sind z.B. oft wegen des Imports schon teuer, obwohl es qualitativ gleichwertige Produkte hier gibt, die dann im Endeffekt günstiger sind.

Meine persönlichen Empfehlungen

Grundsätzlich bin ich kein Fan der Mentalität “kauf, was ich sage”. Es muss für dich passen. Das ist das Wichtigste. Sonst verliert man Motivation, malt weniger oder spürt keine Entwicklung.

Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung kann ich dennoch Empfehlungen aussprechen. Und genau das ist es: eine Empfehlung. Du kannst dich jederzeit anders entscheiden, wenn du magst.

Für meine Empfehlungen sind mir folgende Kriterien wichtig: Preis, Verfügbarkeit und Qualität, weil diese besonders am Anfang von Bedeutung sind bevor man selbst ausprobiert und sich für einen eigenen Liebling entscheidet.

Hahnemühle Brittania

Bei Brittania handelt es sich um ein vergleichsweise sehr günstiges Papier aus Zellulose. Es verhält sich gut beim Malen, allerdings kann es gar nicht gut mit Maskierflüssigkeit oder - band umgehen. Beides bleibt kleben und zerreißt das Papier, wenn man es abziehen möchte. Wenn man also gerade zu Beginn üben will und nichts maskieren möchte, dann ist das ein gutes Papier für den Start. Auch für Schüler ist das ein tolles Papier zum Üben und Lernen.

Gerstaecker Centenaire

Das Centenaire ist einfach mein Go-to-Papier geworden. Damit male ich alle meine Tutorials, nutze es für die Aquarelldatenbank. Es ist aus 100% Baumwolle, wird in Frankreich hergestellt. Es ist im Vergleich zu anderen Papieren aus Baumwolle vergleichsweise günstig.

Das Centenaire Papier ist verfügbar in Feinkorn und Grobkorn, leider gibt es kein satiniertes Papier der Marke. Die Struktur ähnelt ein wenig der von Arches, obwohl ich das Centenaire angenehmer für mich selbst empfinde.

Fabriano Artistico

Fabriano Artistico ist ein hervorragendes Papier aus 100% Baumwolle. Es wird in Italien hergestellt, verhält sich einfach traumhaft beim Malen. Ich liebe die Struktur aller drei Oberflächen. Zudem gibt es das Papier in traditionell weiß - also etwas dunkler und natürlicher - und extra weiß.

Preislich liegt es deutlich über dem Papier von Centenaire. Für mich ist es die kleine Praline der Aquarellwelt, etwas, das man sich gönnt.

Weiß und cremefarbenes Aquarellpapier von Fabriano.

Das Fabriano Artistico Papier gibt es in extra weiß und traditionell weiß.

Warum nicht Arches?

Arches ist ein tolles Aquarellpapier, das von vielen geliebt wird und das zurecht. Allerdings ist es nicht mein persönlicher Liebling, weil sich das Papier für mich zu rau beim Malen anfühlt. Es ist ein haptischer Einwand, keiner der etwas an der Qualität oder dem Verhalten des Papiers auszusetzen hat.

Was soll es am Ende werden?

Nun… meine Tests sind noch lange nicht vorüber. Gerade teste ich noch Papiere aus und werde umfassende Reviews zu einzelnen Herstellern liefern, die hier noch gar nicht erwähnt wurden.

Was du dir zulegst, das musst du leider selbst entscheiden. Sieh’ dir die Empfehlungen an und was für dich in deiner Preiskategorie liegt. Es macht natürlich Sinn gerade am Anfang ein gut funktionierendes Papier zu wählen, damit du viel üben kannst. Allerdings sollte es auch dein Budget nicht übersteigen.

Ich hoffe mit der Info dir schon einmal einen guten Leitfaden gegeben zu haben, damit dir diese Entscheidung leichter fällt.

Falls du schon eins der Papiere ausprobiert hast oder einen ganz anderen Favoriten hast, lass’ es mich wissen! Ich entdecke gerne neues und probiere es aus.

Hab’ einen kreativen Tag!

Lana